Wie das Branchenportal deutsche-startups.de berichtet, soll die Staatsanwaltschaft Berlin gegen den Essen-Lieferdienst Lieferheld.de bzw. deren Geschäftsführung einen Strafbefehl beantragt haben. Grund sei demnach ein gemeinschaftlich begangenes Vergehen der gewerbsmäßigen unbefugten Verwertung einer Datenbank. Offenbar soll Lieferheld.de in den Anfangstagen seiner Geschäftstätigkeit die Datenbank eines seiner Mitbewerber "abgegrast" haben, um die Inhalte selbst zu verwerten. Dabei geht es wohl um die Inhalte von Speisekarten von Restaurantbetreibern, mit denen Lieferheld und auch konkurrierende Essensvermittler zusammenarbeiten. Die Online-Lieferdienste bilden die Speisekarten im Internet ab, ermöglichen dadurch ihren Kunden Onlinebestellungen und leiten diese gegen eine Provision an die Restaurants weiter, die die Bestellung schließlich ausliefern. Insofern sind die Speisekarten-Daten das Stammkapital eines jeden Online-Lieferdienstes, denn je mehr Restaurants und Speisekarten online verfügbar sind, desto mehr Kunden werden angesprochen und desto mehr Bestellungen können entgegen genommen werden. Insofern ist es nachvollziehbar, dass jeder Lieferdienstvermittler gegen den Diebstahl seiner Online-Speisekarten vorgeht. Wobei hier genauer zu unterscheiden ist, denn das Urheberrecht an Speisekarten (sofern diese hinsichtlich ihrer Schöpfungshöhe überhaupt einen Schutz genießen) liegt beim Restaurantbetreiber. Erst wenn dieser mit einem Online-Lieferdienst zusammenarbeit und diesem ein Nutzungsrecht für die Speisekarten einräumt, dürfen sie online veröffentlicht werden, ohne dass sich der Liefervermittler strafbar macht. Baut der Liefervermittler nun eine eigene Datenbank auf und versammelt darin mehrere Speisekarten von z.B. hunderten Restaurants aus Deutschland, handelt es sich um ein eigenes schutzwürdiges Werk. Nach § 87a UrhG sind Datenbanken geschützt, die "systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind". Der Datenbank-Inhaber soll damit vor Daten-Diebstahl geschützt werden, denn eine Datenbank aufzubauen erfordert Zeit und meistens auch Geld. Wenn Lieferheld also tatsächlich eine Datenbank eines Mitbewerbers ausgelesen hat und die Inhalte auf seiner eigenen Website verwendet hat, ist dies strafbar. Selbst wenn das Einverständnis eines Restaurant-Betreibers vorläge, seine Speisekarte online abbilden zu dürfen, so darf Lieferheld diese nicht aus einer fremden Datenbank übernehmen sondern muss sie komplett eigenhändig erfassen. Bei der Beweisführung stelle ich es mir allerdings schwierig vor, z.B. anhand der Datenbankzeile "Cheeseburger mit Extra Käse 3,90" herauszufinden, aus welcher Quelle der Text stammt. Womöglich hat sich das auch das Lieferheld-Team gedacht und deshalb etwas achtlos agiert. Ob der Strafbefehl rechtswirksam wird, entscheidet sich in den nächsten 2 Wochen. Solange besteht die Möglichkeit für Lieferheld, Einspruch einzulegen - in diesem Fall wird eine mündliche Verhandlung vor einem Gericht anberaumt. Übrigens ist mir ein weiteres Gesetz aufgefallen, das Lieferheld zum Nachteil ausgelegt werden könnte: Laut §4 Ziffer 9 des UWG ist es verboten, Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers nachzuahmen, wenn "die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt" wurden. Im Zweifel spielt es also keine Rolle, ob Lieferheld das Urheberrecht einer Datenbank oder eines Speisekarteninhabers verletzt hat oder nicht. Kann ein Mitbewerber den Nachweis erbringen, dass Lieferheld etwas von seiner Website kopiert hat, könnte dies meiner Meinung nach als unlauterer Wettbewerb ausgelegt werden.
Veröffentlicht am: 2012-12-30 21:53:23